Letzten Dienstag habe ich etwas Verrücktes gemacht.Bin morgens nach London geflogen und abends wieder zurück, nur um die Ausstellung des chinesischen Künstlers Ai wei wei in der Royal Academy zu sehen.
Ai wei wei wird im Gegensatz zu vielen anderen chinesischen Künstlern häufig in den westlichen Medien erwähnt, weil er von 1984 bis 1995 in den USA lebte und durch die Pop Art von Künstlern wie Marcel Duchamp, Andy Warhol oder Jasper Johns beeinflusst wurde und aus dieser Zeit noch einflussreiche Freunde im Westen hat.
Seit 1995 lebt und arbeitet er in Peking. Er baut große Skulpturen und Installationen und beschäftigt dutzende Mitarbeiter, um seine „Visionen“ zu bauen.Er ist oft in den Medien, weil er es wagt, die Regierung seines Landes für viele Mißstände in seinem Land anzuprangern und die Menschenrechte zu verteidigen. Deshalb hat man ihn immer wieder verhaftet, er bekam keine Ausreisegenehmigung und man hat Überwachungskameras um seine Werkstatt installiert.
In seiner Kunst verbindet er Altes mit Neuem, er verwendet die typischen Materialien seiner Heimat, Porzellan, Marmor Achat(die Materialien der Reichen) aber auch Bauschutt, uralte abgestorbene Hölzer, Stahl und Eisen wie z.B. in einer Installation, wo er tausende von Moniereisen der eingestürzten Häuser des Sichuan Erdbebens sammelte und zu einem Kunstwerk verarbeitete.
Immer haben seine Werke eine politische Botschaft.
So schüttete er z.B. in eine Ecke des Museums 3000 Flusskrebse aus Porzellan. Jeder ist 5x25x10 cm gross und der Natur 1 zu 1 nachgearbeitet. Einige sind rötlich, andere grau angemalt.
Das chinesische Porzellan ist weltberühmt und steht für die Tradition. Die Flusskrebse stehen für Harmonie, weil sie in China gerne bei Festen und Feierlichkeiten serviert werden.
Seine Botschaft: Die chinesische Regierung verwendet das Wort harmonisch sehr häufig in öffentlichen Reden. In Wirklichkeit kümmert sie sich aber nicht darum, dass die Menschen harmonisch leben können, sondern hinterläßt einen achtlos hingeworfenen Haufen,übereinander, untereinander achtlos hingeschüttet, eine anonyme Masse so wie dieser Haufen Flusskrebse.
Zu jeder seiner Skulpturen und Installationen läßt sich eine Geschichte erzählen.
Hier ist z.B. seine Bauminstallation aus uralten toten Hölzern aus dem Süden Chinas, aufgebaut und zusammengeschraubt in dem Innenhof der verschnörkelten alten ehrwürdigen Royal Academy. Allein dieser Gesamtanblick war schon die Reise wert. Es war ein toller Nachmittag für mich, gekrönt von einem Capucchino in Nero’s Coffee Shop.